Wenn du als Ärztin oder Arzt in Deutschland arbeiten möchtest, reicht es nicht aus, nur das Gesundheitssystem zu verstehen. Es ist genauso wichtig, die verschiedenen Versorgungsbereiche zu kennen – denn sie unterscheiden sich teils erheblich in Struktur, Arbeitskultur, Ausstattung und Weiterbildungsmöglichkeiten. Diese Unterschiede können direkte Auswirkungen auf deine Facharztausbildung, deine Karrierechancen und auch auf das Approbationsverfahren haben.
Stationäre Versorgung
Die stationäre Versorgung umfasst alle medizinischen Leistungen, bei denen Patient:innen über Nacht oder über mehrere Tage im Krankenhaus aufgenommen und rund um die Uhr betreut werden. Die entsprechenden Einrichtungen – wie Universitätskliniken oder kommunale Krankenhäuser – sind primär stationär ausgerichtet, verfügen jedoch meist auch über ambulante Strukturen wie Polikliniken oder Spezialsprechstunden, in denen Patient:innen ohne stationäre Aufnahme behandelt werden können.
Universitätskliniken (Uniklinken)
Universitätskliniken – oft kurz „Unikliniken“ genannt – sind eng mit medizinischen Fakultäten verbunden. Sie übernehmen zentrale Aufgaben in Forschung, Lehre und der Versorgung komplexer Krankheitsbilder. Meist findest du hier das vollständige Spektrum medizinischer Fachrichtungen, inklusive hochspezialisierter Abteilungen. Wenn du dich wissenschaftlich engagieren möchtest oder dich für seltene und komplexe Erkrankungen interessierst, bist du hier richtig. Die Weiterbildungsprogramme sind häufig gut strukturiert, beinhalten Rotationen und bieten manchmal sogar geschützte Zeiten für Forschungsprojekte oder eigene Initiativen. Gleichzeitig solltest du dich auf eine hohe Arbeitsbelastung, ausgeprägte Hierarchien und eine eher begrenzte individuelle Betreuung einstellen. Unikliniken zählen zu den größten Krankenhäusern in Deutschland; einige verfügen über mehr als 1.000 Betten.
Öffentliche Krankenhäuser (kommunale oder Landeskliniken)
Öffentliche Krankenhäuser – also kommunale oder von Bundesländern betriebene Kliniken – versorgen die Bevölkerung in einem definierten Einzugsgebiet. Sie konzentrieren sich auf die Grund- und Regelversorgung, verfügen meist über eine Notaufnahme und bieten Facharztausbildungen in vielen gängigen Disziplinen an. Wenn du langfristig im regionalen Versorgungssystem arbeiten möchtest, sind diese Häuser für dich besonders interessant. Du wirst hier viel Patient:innenkontakt haben, in stabilen Teams arbeiten und praxisnahe Erfahrungen sammeln können. Dafür ist das Angebot an Forschung begrenzter, und je nach Bundesland können sich die organisatorischen Strukturen unterscheiden. Die Größe dieser Krankenhäuser variiert stark; sie verfügen in der Regel über 100 bis 500 Betten.
Private Kliniken
Private Kliniken werden von Unternehmen oder Klinikgruppen wie Helios, Asklepios oder Sana betrieben. Sie reichen von klassischen Allgemeinversorgern bis hin zu hochspezialisierten oder luxuriösen Privatkliniken mit internationalem Publikum. In diesen Häusern ist die Arbeitsweise oft stark von Effizienzdenken und betriebswirtschaftlicher Leistungskultur geprägt. Die Qualität der Weiterbildung hängt stark vom Standort ab – besonders wichtig ist es hier für dich, im Vorfeld zu prüfen, ob die Klinik über eine anerkannte Weiterbildungsbefugnis verfügt. Manche Standorte bieten strukturierte Ausbildungsprogramme an, andere wiederum haben kaum etablierte Lehr- und Forschungsstrukturen. Die Bettenanzahl kann stark variieren, von kleinen Einrichtungen bis hin zu großen Kliniken mit mehreren hundert Betten.
Gemeinnützige und konfessionelle Kliniken
Gemeinnützige und konfessionelle Kliniken schließlich werden von Organisationen wie der Caritas, der Diakonie oder kirchlichen Stiftungen getragen. Hier steht die medizinische Versorgung in Verbindung mit einem werteorientierten Ansatz – Teamgeist, Empathie und Menschlichkeit prägen den Arbeitsalltag. Wenn dir ein sozial geprägtes und kollegiales Arbeitsumfeld besonders wichtig ist, könntest du dich in diesen Kliniken besonders wohlfühlen. Auch hier ist eine Facharztausbildung möglich, allerdings oft mit einem eingeschränkten Fächerspektrum. Dafür wirst du häufig sehr persönlich betreut und profitierst von einem vertrauensvollen Miteinander im Team. Die Größe dieser Kliniken liegt meist zwischen 100 und 300 Betten.
Ambulante Versorgung
Die ambulante Versorgung umfasst medizinische Leistungen, bei denen Patient:innen nicht über Nacht bleiben, sondern z. B. in einer Praxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) behandelt werden. Dieser Bereich spielt eine zentrale Rolle in der Facharztausbildung in Deutschland. In vielen Fachrichtungen ist es üblich, bereits während der Facharztausbildung mehrere Jahre im niedergelassenen Bereich zu arbeiten – insbesondere in der Allgemeinmedizin, wo zwei der fünf Weiterbildungsjahre verpflichtend ambulant stattfinden müssen. Aber auch in anderen Disziplinen kann ein Teil der Ausbildung ambulant erfolgen, etwa in Facharztpraxen oder spezialisierten MVZs.
Die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Versorgung gelten oft als besonders attraktiv:
- Arbeitszeiten: Geregelte Tagesarbeitszeiten ohne Schicht- oder Nachtdienste
- Vergütung: Monatliche Gehaltszuschüsse durch die Kassenärztlichen Vereinigungen für Weiterbildungsassistent:innen
- Bedarf: In vielen Regionen, vor allem im ländlichen Raum, ist der Bedarf an ärztlichem Nachwuchs im ambulanten Bereich hoch
Wenn du Wert auf planbare Arbeitszeiten, ein stabiles Umfeld und kontinuierlichen Patient:innenkontakt legst, kann die ambulante Weiterbildung eine gute Wahl für dich sein.
WICHTIG!
Was du auf jeden Fall beachten solltest: Nicht jede Einrichtung darf automatisch jede Facharztausbildung komplett anbieten. Entscheidend ist, ob die Klinik, das MVZ oder die Praxis – beziehungsweise die verantwortliche Chefärztin oder der Chefarzt – eine Weiterbildungsbefugnis von der zuständigen Landesärztekammer erhalten hat. Diese Befugnis ist häufig zeitlich oder inhaltlich beschränkt. Manche Einrichtungen dürfen nur bestimmte Ausbildungsjahre oder einzelne Abschnitte (z. B. ambulante Phasen) abdecken. Deshalb solltest du dich vor deiner Bewerbung genau informieren, welcher Teil deiner Weiterbildung an dem jeweiligen Ort absolviert werden kann – am besten direkt auf der Website der Einrichtung oder bei der Ärztekammer deines Bundeslandes.
Auch möglich: Nicht-klinische Tätigkeiten
Neben der Arbeit mit Patient:innen gibt es auch berufliche Alternativen in nicht-klinischen Bereichen. Viele Ärzt:innen sind in der medizinischen Forschung, bei Krankenkassen, in Behörden, in Digital-Health-Startups oder in der pharmazeutischen Industrie tätig. Diese Tätigkeiten gehören in den allermeisten Fällen nicht zur Facharztausbildung.
Wie du siehst, gibt es mit deiner Approbation viele verschiedene Möglichkeiten, deinen eigenen Weg in der Medizin zu gestalten – ob in der Klinik, in der Praxis oder im MVZ. Lass uns gemeinsam schauen, was am besten zu dir passt!
📌 Rechtlicher Hinweis
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